Jazz im Museum

AMBROSIA60-Portal



"Summertime" oder "Summer in the City"
2009

Früher, das war so Ende der 80er, Anfang der 90er veranstaltete die Stadt Frankfurt im Sommer immer ein grosses Summertime Festival mit allerlei Veranstaltungen. Von Jazz über Theater, Strassentheater bis hin zu Tanztheatern. Früher war alles kostenlos, bis irgendwann bei der Stadt Frankfurt der Geldfluss versiegte.

Frankfurt: Jazz im Museum 2009
Abb. 1: Frankfurt, Jazz im Museum 2009

Zwischen 1995 und 1999 gründete sich im Umfeld des Künstlerhauses Mousonturm ein Förderverein und liess die legendären Summertime Events wieder auferstehen. Zwar gibt es heute die Veranstaltungen nicht mehr kostenlos, so doch zu einem erschwinglichen Preis von 5 Euro, der sich 2009 auf 12 Euro erhöhte.
Aufgrund des Umbaus des bisherigen Spielorts, der Innenhof des Historischen Museums am Frankfurter Römerberg, musste die Veranstaltung eine neue Spielstätte finden. Die Organisatoren fanden diese zunächst am Schaumainkai im Garten des Liebighauses. In 2012 ist der Garten nun aber aufgrund einer grossen Skulturenausstellung von Jeff Koons belegt, weswegen ein erneuter Umzug in den Park des Museums für Angewandte Kunst nötig wurde.
Ich erinnere mich gerne zurück an die Sommersonntage, zu denen ich mich Sonntags morgens um 10 auf den Weg machte, um vom Alltagsstress abschalten zu können. Zumeist war das auch ein beliebter Treffpunkt von Gleichgesinnten. Als die Serie Mitte der 90er Jahre eingestellt wurde, fehlte richtiggehend eine feste Anlaufstelle. Nun ist das aber wieder anders. Wir warten schon gespannt auf das erste Konzert in diesem Jahr, das selbst Gäste aus Hannover anreisen lässt ...



[26.7.2009] Zum Bilderbuch Sommerwetter strömten Scharen von Besuchern zum ersten, von 5 Konzerten. Für eine Übergangszeit von zwei Jahren findet die Reihe 'Jazz im Museum' an einem neuen Spielort, dem Garten des Liebieghaus am Schaumainkai statt.
Angekündigt war Nils Petter Molvaer. Das Konzert begann einige Minuten später als geplant, nachdem die Besucherschlangen am Eingang nicht enden wollten und die Veranstalter sich entschlossen einige Minuten zu warten, um allen Besuchern die Chance zu geben, das Konzert von Anfang an sich anhören zu können.

Der vielleicht als 'nordischer Klangeinschlag' durch Ralph Towner und Jan Garbarek bekannte Sound, sphärische, teils düstere Klänge - transformierte Nils Petter Molvaer in seiner nunmehr über 10 jährigen Laufbahn, eindeutig durch Miles Davis beeinflussten elektronischen Trompeten Sound, in eine eigene Stilrichtung, die afrikanische, wie asiatische Einflüsse gleichsam integriert.

Nach einem einfühlsamen Einstieg, der nach über 30 Minuten in einer extasischen Explosion vor der Pause endete, eröffnete er mit seinen zwei Bandmitgliedern Eivind Aarset und Audun Kleive die diesjährige Konzertreihe.

Einen ganz entscheidenden Beitrag liefert die Rhytmik in den Kompositionen, die den Puls der Klangteppiche, die durch die Gitarre und die Trompete aufgebaut werden in immer neuen Wellen dem Meeresrauschen gleich in die Ohren der Zuhöhrer dringt.

War es in den Jahren zuvor nie ein Problem dass Zuschauer, die einen Behindertenausweis mit sich führten, ab Beginn des ersten Konzerts dem Kulturangebot folgen konnten, wurde erstmals einem Besucher mit dem Verweis, dass dies ein Premierenkonzert sei, der Zugang verwehrt. Sicherlich waren die Organisatoren selbst vom Besucherstrom überrollt worden, so trug die deutliche Preiserhöhung von 5 Euro auf 12 Euro sicherlich auch dazu bei, dass Scharen von Besuchern erstmals einen Beitritt zum Fördervereins in Erwägung zogen.



Frankfurt: Jazz im Museum 2009, Zuschauerstrom vor der Veranstaltung


Frankfurt: Jazz im Museum 2009, Nils Petter Molvaer und Band
Abb. 2: Frankfurt, Jazz im Museum 2009, Zuschauerstrom vor der Veranstaltung
Abb. 3: Nils Petter Molvaer und Band



[2.8.2009] Heinz Sauer - Michael Wollny - Bertram Ritter
Sanfte, leise Töne durchziehen den Park des Liebieghauses, nichts heftiges. Eine Stimmung baut sich auf. Es ist mal wieder einer dieser typischen aussergewöhnlichen Momente, dem Alltag entfliehen, Ruhe und Entspannung bei einem anspruchsvollen Konzert.

Erstmals in dieser Besetzung spielen Heinz Sauer und Michael Wollny zusammen mit Bertram Ritter, der im Zusammenspiel mit Michael Wollny das Fundament für die Einwürfe von Heinz Sauer legt, so als würden Sie bereits Jahre zusammenspielen - ein eingespieltes Team eben - weit gefehlt. Daran erkennt man eben wahre Profession.

Stand die erste Hälfte noch ganz im Zeichen des Warmspielens mit angelehnt bekannten Motiven, stand die zweite Hälfte ganz im Zeichen der Improvisation - Stilleben Publikum im Park. Während Michael Wollny und Bertram Ritter immer wieder äusserst abwechslungsreiche Grundrhytmen zur Diskussion einwarfen, pflegte Heinz Sauer den Minimalismus im Stile eines Philip Glass.



 


Frankfurt: Jazz im Museum 2009, Sauer - Wollny - Ritter
Abb. 4: Heinz Sauer - Michael Wollny - Bertram Ritter



[9.8.2009] Contrast Quartet feat. Peter Klomann
Der angekündigte Heinz-Dieter Sauerborn von der HR-Bigband musste den Auftritt wegen eines gebrochenen Arms absagen. Für ihn sprang Peter Klomann ein. Nach einer ersten Probe am Abend zuvor spielte das Quartett dennoch wie ein eingespieltes Team selbst nachdem Peter Klomann den allerersten Einsatz patzte. Das ist sicherlich dem Konzept 'VIER GLEICH DREI PLUS EINS' zu verdanken unter deren Philosophie die Band sich formiert. Soll heissen: Das Frankfurter Jazzprojekt besteht aus dem festen Trio Yuri Sych (Piano, Keyboards, Komposition), Martin Standke (Schlagzeug) und Tim Roth (Kontrabass, E-bass) dass mit einem zusätzlichen Solisten das Quartett vervollständigt.

Was zunächst nach Standards klang verwunderte bereits durch die fliessenden Übergänge der Soli bei denen die Akteure dennoch zusammenspielten. Auch wenn Yuriy Sych, der Pianist der mit der Verleihung des Arbeitsstipendiums Jazz der Stadt Frankfurt am Main im Jahre 2008 mit dem Contrast Quartet gewann eine klassische Ausbildung genoss und erst vor 5 Jahren Kontakt mit dem Jazz erhielt, sprühten die Kompositionen von einer Fülle die dieses Konzert zu einem Genuss werden liess. Wenn alle vier Musiker zusammen noch keine 100 Jahre vollbekommen, lässt es erahnen, dass hier die Geburtsstunde einer neuen Jazzgeneration am entstehen ist. Auch wenn es am individuellen Profil noch fehlte, so zeigten die vier eine neue, erfrischende Art Standards zu präsentieren. Aus einer Mischung der Grooves mit den freien Improvisationen werden wir in Zukunft sicherlich noch mehr von diesem Quartet hören werden.

[9.8.2009] The Soul Jazz Dynamiters
Nach einer Umbaupause betraten die Soul Jazz Dynamiters in der Besetzung Peter Back (tenorsax/flute), Martin Lejeune (guitar), Jo Bartmes (hammond organ) und Holger Nesweda (drums) die Bühne. Die Ableitung des Begriffs 'dynamiters' der auf der Website ebenfalls nachzulesen ist, wie auch auf der Postkarte, die es zusammen mit der CD zu kaufen gibt, ist der Versuch einer Begriffsbestimmung, aus der sich jeder das raussuchen kann, wie man persönlich den geballten Sound erlebt. Für den 'explosiven' Klang fehlte es noch an der Bläser Gruppe, die mit einem Saxophon alleine unterbesetzt war.

Die Band spielte vor allem Stücke von ihrer aktuellen CD. Hatte man beim ersten Stück Echo Love noch das Gefühl Volker Kriegel wieder live nach 30 Jahren zu höhren, versagte dieser Vergleich aber schon beim zweiten Stück 'Double Fla'. Einem eigenwilligen Wechselspiel von Rhytmus- und Melodiethema. Ebenso orientalsche (Oriental Heart Attack), indische Klänge (Indian Weib), wie auch groovigen Sound (Organic Groove) liessen das Konzert zu einem krönenden Abschluss dieses Veranstaltungstages werden. Das Publikum liess die Musiker aber nicht ohne Zugabe von der Bühne.



Frankfurt: Jazz im Museum 2009, Contrast Quartet


Frankfurt: Jazz im Museum 2009,	The Soul Jazz Dynamiters
Abb. 5: Contrast Quartet feat. Peter Klomann
Abb. 6: The Soul Jazz Dynamiters



[16.8.2009] Arve Henriksen with Jan Bang NO
Abschalten von dem Stress des Alltags. Ein Urlaubstag, eine Oase inmitten der hektischen Grossstadt. Noch ehe das Konzert begann, verbreitete sich eine Ruhe im Park des Liebiegmuseums auf dem Weg in ein Klanggemälde, dass von ewigen Weiten, Ferne, unberührten Wäldern, einem Land das zeitweise eher dunkel ist, begleitet.

Ein Experiment von Trompete und Samples, dass ohne jegliche hektischen Rhytmen nur mit den Klangcollagen die an norwegische Landschaften, Fjorde, bodenständige Ureinwohner erinnert auskommt, bestreiten Arve Henriksen (Trompete, Lyrics) und Jan Bang (Samples) die erste Halbzeit. Eine gemächliche Steigerung der sonst getragenen Phasen entführt den Zuhörer eher in das Land der Romantiker.

In der zweiten Halbzeit kommen die Erfahrungen und Einflüsse von Amerika und dem japanischem Zen zum Tragen um dann im Schlussstück den Zuhöhrer wieder in den Alltag zu entlassen. Aber weit gefehlt. Die Zuhörer wollten eine Zugabe. Und sicherlich hätten die beiden Musiker eine weitere Zugabe gegeben, wäre die Moderation der zweiten Zugabe nicht zuvor gekommen.

Ein Teil der Stücke vom aktuellen Album Cartography entführen den Zuhörer in Welten, abseits der hektischen Strassen, der lauten Geräusche. Sie sind eine Wohltat für das Ohr ebenso wie für die Seele und spiegeln somit auch die Vorlieben und Regungen von Arve Henriksen wieder. Eine Kartographie von Klanglandschaften.



Frankfurt: Jazz im Museum 2009, Einstimmung


Frankfurt: Jazz im Museum 2009,	Arve Henriksen w/ Jan Bang
Abb. 7: Vor dem Konzert
Abb. 8: Arve Henriksen w/ Jan Bang



[23.8.2009] The Five Corners Quintet FIN
In den Strassen von Helsinki - weckte Erinnerungen an Filmmusiken einer berühmten amerikanischen Stadt. Die Entsprechung findet sich an der Kreuzung The Five Corners in Helsinki, nach dem sich die Gruppe benannte, die den Jazz der 50er und 60er Jahre wieder auferstehen liessen, aber nicht nur einfach nachspielten, sondern dem Spiel ihre eigene Note hinzufügten. Viele Stücke von ihrer aktuellen CD Hot Corner brachten das Publikum bei erneut sommerlichen Temperaturen beim diesjährigem letzten Konzert der Reihe Jazz im Museum zum kochen.

Die fünf Musiker Jukka Eskola (trumpet), Timo Lassy (tenor saxophone), Teppo Mäkynen (drums), Mikael Jakobsson (piano), Antti Lötjönen (bass) brachten mit ihren Stücken das Publikum regelrecht in Bewegung, nicht wenige waren abgeneigt das Tanzbein zu schwingen, so groovten Stück um Stück, ob Hot Rod, Skinny Dipping, Easy Diggin, Shake It oder Habib's Habit.

Auch die Gruppe war angenehm überrascht von der hiesigen Kultur, dass über tausend begeisterte Zuhöhrer am frühen Sonntag Morgen von der Musik angelockt wurden. In Finnland sei um diese Uhrzeit noch niemand weit und breit zu sehen ...
Auch wenn die Musiker gerne eine weitere Zugabe hätten geben wollen war das Zeitfenster auf das nachfolgende Kinderfest im Liebieghaus Garten um 13 Uhr begrenzt.



Frankfurt: Jazz im Museum 2009, The Five Corners Quintet FIN


Frankfurt: Jazz im Museum 2009,	The Five Corners Quintet FIN
Abb. 9 + 10: The Five Corners Quintet



Summer in the city 2009
26.7. - 25.8.2009

Reihe: Jazz im Museum
Im Garten des Liebieghaus Skulpturensammlung, Schaumainkai 71, Frankfurt/Main
Immer Sonntags von 11 bis 13 Uhr

So 26.7.Nils Petter Molvaer NO Summer In The City Programm 2009
So 2.8.Heinz Sauer, Michael Wollny & Bertram Ritter D
So 9.8.The Soul Jazz Dynamiters / Contrast Quartet feat. Heinz-Dieter Sauerborn D
So 16.8.Arve Henriksen with Jan Bang NO
So 23.8.The Five Corners Quintet FIN
(Alle Angaben ohne Gewähr)



Programme weiterer Jahre:
2020-2011                                    2013 2012 2011
2010-2001 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003x   2001
2000-1991 200019991998                     1993x 1992 1991
1990-1981 199019891988198719861985 1984x               

x) Auszüge


Weitere Infos unter: www.mousonturm.de



© 2003-2024 by Ulrich Schroeter   01546